Höhe- oder Wendepunkt?

Marktkommentar, Oktober 2021

Höhe- oder Wendepunkt?

Befinden wir uns nach Beginn des vierten Quartals am Wendepunkt der Wirtschaft und der Märkte? Haben wir ökonomisch den Höhepunkt schon überschritten? Die Frage der Einordnung der aktuellen Entwicklung in den Wirtschaftszyklus ist per Definition erst im Nachhinein möglich. Das in der ersten Jahreshälfte rapportierte, überaus starke Gewinnwachstum der Unternehmen spricht für das Erreichen eines Gipfels. Das bedeutet aber nicht, dass die Bergwanderung schon zu Ende ist. Doch sollten nach den enormen Aktien- und Firmengewinnsteigerungen die Erwartungen moderater werden.

Das im Sommer rapportierte, überaus starke europäische und amerikanische Gewinnwachstum der Unternehmen spricht für das Erreichen eines Gipfels der Wachstumsentwicklung. Dies ist nachvollziehbar, lag doch im 2020 durch die Lockdowns auch eine besonders tiefe Basis vor, mit der verglichen das Wachstum zum Vorjahr in der ersten Jahreshälfte besonders hoch ausfiel. So hoch, dass sich die Wachstumsraten im Vergleich zum Vorjahr in den kommenden Quartalen per se auf tiefere Prozentpunkte reduzieren müssen. Das bedeutet allerdings nicht, dass eine Rezession bevorsteht.

Es darf nicht erstaunen, wenn in einigen wichtigen Volkswirtschaften ein weniger starkes Wirtschaftswachstum publiziert werden dürfte. Zu unterscheiden ist dabei die Angebotsseite der Volkswirtschaft, quantifizierbar durch die Produktion des verarbeitenden Gewerbes, und die Nachfrageseite der Wirtschaft, beobachtbar beispielsweise im Wachstum des Konsums. Keine Überraschung darf sein, dass die Produktion im Wachstum zurückgeht. Dies hat nicht nur mit dem eingangs erwähnten Basiseffekt zu tun, sondern vor allem auch mit Lieferengpässen bei bestimmten Teilkomponenten, welche für die Endfertigung abgewartet werden müssen. Beides reduziert im vierten Quartal das Produktionswachstum. Doch auch das Konsumwachstum könnte sich zurückbilden. Der Grund dafür kann in den steigenden Konsumentenpreisen liegen. Die sich erhöhende Inflation auch bei Energiepreisen schöpft bei den Konsumenten partiell Kaufkraft ab. Genau zu beobachten ist zudem weiterhin die nicht zu unterschätzende Wahrscheinlichkeit neuer Coronamutationen. Wie oft betont, kann die Coronaentwicklung nicht vorhergesagt werden. In den kommenden kälteren Monaten könnte sich daher wieder mehr Ungewissheit herausbilden, auch was die ökonomische Entwicklung betrifft.

Die Anlegererwartungen sollten nach weit überdurchschnittlichen Steigerungen der Aktien nun moderater ausfallen.

Gérard Piasko, Chief Investment Officer

Zudem bestehen bis zum dritten, eventuell vierten Quartal 2022 Unklarheiten bezüglich Stärke des USArbeitsmarktes und Einfluss der Löhne auf die Inflation. Beim US-Arbeitsmarkt sind die Wirkungen des Auslaufens der Arbeitslosenunterstützung ab Herbst 2021 daher von Bedeutung. Ebenfalls unbeständiger ist die wirtschaftliche Entwicklung Chinas geworden, denn die publizierten Daten haben jüngst klar eine Wachstumsverlangsamung angezeigt. Gleichzeitig hat die chinesische Regierung die Regulierung wichtiger Internet- Unternehmen verschärft, was mindestens kurzfristig bremsend auf die chinesische und damit auch die globale Konjunktur auswirken dürfte. China ist immerhin die zweitwichtigste Volkswirtschaft der Welt. Und zu guter Letzt ist auch die Änderung der geldpolitischen Ausrichtung der US-Zentralbank Fed hin zu einer Drosselung der Anleihenskäufe eine künftig wieder ungewissere Variable für die Makro- und Marktentwicklung.

Vor diesem unsicheren Hintergrund würden uns eine höhere Marktvolatilität in allen Anlageklassen, nicht nur in Aktien, keineswegs überraschen.

Fazit: Aufgrund der sich verändernden, nun langsam ansteigenden Vorjahresbasis könnte sich das globale Wirtschaftswachstum reduzieren. Besondere Spezialeffekte dürften zudem in den kommenden Monaten mehr Schwankungen verursachen. Dazu gehören Lieferprobleme bei Teilkomponenten, welche das Produktionswachstum beeinflussen, die Regulation von wichtigen Teilen der chinesischen Wirtschaft, gerade auch des Immobiliensektors, sowie die Unberechenbarkeit des Coronavirus.

Von einer endgültigen Wende von oben nach unten zu sprechen ist wahrscheinlich übertrieben, doch der Höhepunkt des Wachstums von Wirtschaft und Unternehmensgewinnen könnte erreicht worden sein. Das bedeutet nicht, dass eine Rezession bevorsteht, denn die Wirtschaft und die Gewinne der Unternehmen wachsen weiter. Es könnte aber sein, dass alle Anlageklassen stärkeren Schwankungen ausgesetzt sein werden. Daher sollten die Erwartungen der Anleger betreffend eine weiter unkompliziert-positive Aktienentwicklung genau wie jene für das Wirtschaftswachstum ab jetzt moderater ausfallen, besonders nach den weit überdurchschnittlich hohen Steigerungen der letzten Quartale bei Aktien.

Gérard Piasko

Gérard Piasko

Gérard Piasko leitet als Chief Investment Officer das Anlagekomitee der Privatbank Maerki Baumann. Zuvor war er über viele Jahre Chief Investment Officer bei Julius Baer, bei Sal. Oppenheim und bei der Deutschen Bank.

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Redaktionsschluss: 5. Oktober 2021

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