Regulation ja, aber wie?

Regulation ja, aber wie?

Die diesjährige Hauptveranstaltung der deutschen Blockchain-Community, die Crypto Assets Conference, fand am 9. und 10. März 2020 unter erschwerten Rahmenbedingungen statt. Prof. Dr. Philipp Sandner, dem Leiter des Frankfurt School Blockchain Centers, und seinem Team ist es gelungen, einen attraktiven Anlass mit Vorträgen und Diskussionsrunden zu organisieren. Im Fokus stand die Regulation des Krypto-Ökosystems.

Strikte Vorgaben für das Krypto-Verwahrungsgeschäft
Die Verwahrung von digitalen Vermögenswerten steht seit der Teilregulierung in Deutschland zu Beginn dieses Jahres im Zentrum der Aufmerksamkeit der Banken. Während die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein diesen Teil des neuen Ökosystems bereits reguliert haben, sind in Deutschland erst seit 1. Januar 2020 strikte Vorgaben zur Verwahrung in Kraft getreten. Wie sehen diese aus?

Für die Verwahrung digitaler Vermögenswerte von Privatpersonen und Unternehmen in Deutschland ist eine Lizenz der deutschen Finanzaufsicht BaFin und eine Präsenz vor Ort erforderlich. Eine Vorgabe, die ausländischen Anbietern von Verwahrlösungen den Marktzugang erschwert und angesichts einer stark globalisierten Branche restriktiv anmutet. 

Anders als in anderen Ländern lehnt sich diese Regulierung nicht an die technischen Möglichkeiten und Herausforderungen an. Vielmehr wird versucht, eine vergleichbare Regelung wie im traditionellen Verwahrgeschäft zu erreichen. Das heisst konkret: Der Schwerpunkt der Regulierung bezieht sich auf die fachliche und prozessuale Eignung eines Unternehmens zur Verwahrung. Technische Sicherheitsaspekte haben dagegen eine geringere Bedeutung in diesem Regelwerk. Wir gehen davon aus, dass die BaFin damit eine Vorreiterrolle innerhalb der Europäischen Union einnehmen und eine EU-weite Regulierung fördern möchte.

Rechtsgrundlage in der Schweiz
Gemeinsam mit spezialisierten Partnern arbeitet auch Maerki Baumann an einem Angebot für die Verwahrung von digitalen Vermögenswerten in der Schweiz. Dabei stehen wir in engem Kontakt mit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA). In diesem Verfahren stehen die technischen und prozessualen Sicherheitsmassnahmen, die getrennte Verwahrung der Vermögenswerte und die Vorkehrungen für Notfälle im Vordergrund. Eine Bankbewilligung für die Verwahrung von Krypto-Währungen ist zwar nicht zwingend erforderlich, jedoch muss das anbietende Institut einer Selbstregulierungsorganisation der Finanzwirtschaft angeschlossen sein.

Unterschiede im Regulierungsumfang zur Geldwäschereiprüfung in Europa
Unterschiede im Regulierungsumfang zur Geldwäschereiprüfung in Europa

 

Krypto-Währungen können sich der Börsenpanik nicht entziehen
Ein intensiv diskutiertes Thema an der Crypto Assets Conference waren die aktuellen Verwerfungen an den Aktien- und Krypto-Märkten. Überraschend für viele Teilnehmenden war die starke Korrelation der Krypto-Währungen mit dem fallenden Aktienmarkt. 

Als Erklärung wird hierfür das eingeschränkte Marktvolumen sowie teilweise reduzierte Liquidität dieser digitalen Vermögenswerte angesehen. Aufgrund der geringen Kapitalisierung können bedeutende Transaktionen den Kurs einer Krypto-Währung stärker bewegen, als in den traditionellen Märkten. Zudem fehlt es bei Krypto-Währungen noch immer an einer genügenden Menge von Investoren mit unterschiedlichen Kurserwartungen, einer ausreichenden Markttiefe sowie einer grösseren Zahl von «Algo-Tradern», die Marktbewegungen systematisch ausnutzen und so zu einer Stabilisierung der Kursbildung beitragen könnten.

«Aufgrund der eingeschränkten Marktvolumen sowie teilweise reduzierten Liquidität können sich Krypto-Währungen nicht der Börsenpanik entziehen.»

Milko Hensel, Leiter Digitale Partnerschaften, Mitglied der Direktion, Maerki Baumann & Co. AG

Blockchain-Technologie – nicht nur für den Finanzsektor
Ein bislang in der Schweiz wenig beachteter Aspekt der Blockchain-Technologie wurde in Frankfurt eingehender beleuchtet: Die Anwendung im industriellen Umfeld. Diese spielt in Deutschland eine zunehmend wichtige Rolle. Seien es die Chemie-Branche, Automobilhersteller oder mittelständische Maschinenbauer: Viele testen Anwendungsmöglichkeiten, um Dienstleistungen zu verbessern, Zahlungswege zu vereinfachen oder über Netzwerkeffekte schneller eine kritische Grösse zu erreichen. 

Deutschland scheint hier bei der Anwendung von Blockchain-basierten Dienstleistungen in Verbindung mit Maschinen und Geräten weltweit führend. So arbeitet der deutsche Spezialchemiehersteller Evonik Industries AG daran, den Verbrauch von Grundstoffen bei Kunden laufend zu messen, um die verbrauchten Rohstoffe automatisiert in Rechnung zu stellen. Bei anderen Unternehmen melden die Messsensoren von Werkzeugmaschinen den Qualitätsstand und den Wartungsbedarf an den Hersteller. Die laufende Meldung und die Verrechnung von Aufwänden und Kosten erfolgt ebenfalls über eine Blockchain-Lösung. 

Regulierung bleibt die zentrale Herausforderung
Für das gesamte Krypto-Ökosystem bleibt die fragmentarische und unterschiedliche Regulierung in Europa eine grosse Herausforderung. Sei es bei der Verwahrung oder Tokenisierung von digitalen Vermögenswerten respektive bei deren Handel: In allen Ländern sind die gesetzlichen Grundlagen noch unvollständig und machen teilweise komplexe rechtliche Umwege erforderlich. Bei der Crypto Assets Conference waren viele interessante Unternehmen vertreten, die den aktuellen Herausforderungen mit Kreativität und Unternehmergeist begegnen und an das Potenzial und den Erfolg der Blockchain-Technologie glauben. Wir glauben auch daran!

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